04. Okt 2022

Chance nutzen, Qualitätswettbewerb stärken

Bauenschweiz publizierte eine Umsetzungshilfe zum neuen Beschaffungsrecht. Eine Würdigung von Ständerat und Bauenschweiz-Präsident Hans Wicki

Das revidierte und zwischen Bund und Kantonen harmonisierte Beschaffungsrecht ist ein wichtiger Meilenstein für die Bauwirtschaft. Neu geht der Zuschlag statt an das wirtschaftlich günstigste – und damit meist preislich billigste – an das vorteilhafteste Angebot. Die Qualitätskriterien werden gegenüber dem reinen Preiskriterium deutlich gestärkt. Exemplarisch für den Wandel in der Vergabekultur ist der neue Zweckartikel mit Fokus auf dem nachhaltigen Einsatz öffentlicher Mittel nach den drei Säulen Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft oder das neue Zuschlagskriterium Innovationsgehalt. Zudem soll das Zuschlagskriterium der Verlässlichkeit des Prei-ses als Teilaspekt der Plausibilität des Angebotes verankert werden, um im Wettrennen um den ausschliesslich tiefsten Preis ein weiteres Korrektiv einzubauen.

Den Wandel in der Vergabekultur haben wir geschafft, wenn Innovation und Qualität den reinen Preiswettbe-werb auf allen drei föderalen Ebenen bei den Ausschreibungen abgelöst haben und die öffentliche Beschaffung auf hochqualitativen, verlässlichen Offerten sowie einem vertrauensvollen Austausch zwischen Beschaffungs-stellen und Anbieter auf Augenhöhe basieren. Mit einer ausgewogenen und umfassenden Beurteilung von Ein-gaben, die über reine Preiskomponenten hinausgehen, steigt nicht nur die Qualität der Beschaffung, sondern es reduzieren sich auch Einsprachen und rechtliche Auseinandersetzungen bei den Projekten.

Es ist dies ein langer Weg, den Bauenschweiz als Dachverband zusammen mit seinen Mitgliedsverbänden seit Beginn des Revisionsprozesses geht, ihn begleitet und unermüdlich Aufklärungsarbeit leistet. Die vorliegende Publikation ist ein Instrument für diesen Dialog.

Es braucht praxisnahe Umsetzungshilfen, die nicht lediglich und von Beginn an auf jegliche rechtlichen Ausle-gungen durch Gerichte geprüft werden. Es braucht Mut, Lösungsorientiertheit im Sinne des Ziels des Paradig-menwechsels auch in der Umsetzung zu verankern und sich nicht für alle Eventualitäten absichern zu wollen. Innovation wird nicht nur bei den zu beschaffenden Gütern, sondern auch beim Beschaffungsprozess selbst verlangt. Nur so haben innovative, nachhaltige und plausible Lösungen bei Ausschreibungen eine reale Chance auf den Zuschlag und dem erwünschten Kulturwandel hin zu einer zufriedenstellenden, nachhaltigen und hoch-qualitativen Beschaffung mit gemeinsamer Zielerreichung wird der Weg geebnet.

Es braucht die Sensibilisierung auf Anbieterseite und bei den ausschreibenden Stellen das Verständnis, dass die neue Vergabekultur eine Chance ist, um die Qualität von Bau- und Infrastrukturprojekten zu stärken und an-stehende Herausforderungen zu lösen.

Der Weg zum Ziel ist lang - beschreiten wir ihn gemeinsam.

Ständerat Hans Wicki
Präsident Bauenschweiz