Bauenschweiz im Fokus: Vorstand Alain Oulevey

Warum engagieren Sie sich für die Bauwirtschaft?

Die Planenden im Baubereich entwerfen und schaffen unsere gebaute Umwelt von morgen. Dies ist eine anspruchsvolle, spannende und zugleich wundervolle Aufgabe. Der SIA hat hierzu eine Vision entwickelt: «Gemeinsam wirkungsvoll für einen nachhaltig gestalteten Lebensraum». Ich stehe mit meiner persönlichen Haltung vollumfänglich hinter diesem hehren Ziel. Bei meiner Arbeit im SIA setzen wir zahlreiche Massnahmen um. Alles kleine, wohl überlegte Schritte in die richtige Richtung. Dies gibt mir das Gefühl etwas zum Wohl unserer Gesellschaft beizutragen.

Welches sind aus Ihrer Sicht die zentralen Herausforderungen und Chancen der Branche?

Mitte des letzten Jahrhunderts wurden generell Nachhaltigkeit und Energieverbrauch beim Bauen nebensächlicher, eine kurzfristige Rendite wichtiger. Eigentlich wissen wir schon lange, dass es so nicht immer weitergehen kann, aber aus Bequemlichkeit hat ein Umdenken auf breiter Ebene zu wenig stattgefunden. Jetzt müssen wir wieder lernen, schonender mit unseren Ressourcen umzugehen und dauerhaftere Lösungen zu finden. Damit meine ich nicht, dass wir zu alten Standards zurückkehren sollten. Ganz im Gegenteil. Wir haben heute neue Technologien und Werkstoffe, fast unerschöpfliche Datenmengen, neue Arbeitsmodelle und vieles mehr. Wir müssen Bewährtes mit Neuem verknüpfen. Im Moment bietet sich uns eine einmalige Gelegenheit die Attraktivität unserer Branche in der Gesellschaft zu steigern. Wir Planenden müssen hierzu aber auch verstärkt die Anliegen und Werte junger Menschen berücksichtigen. Und wir müssen sie entsprechend ausbilden, denn für den dringend notwendigen Wandel brauchen wir einen qualifizierten und motivierten Nachwuchs.

Der Vorstand Bauenschweiz forderte im März in einer gemeinsamen Stellungnahme die Investition in partnerschaftliche und zukunftsfähige Zusammenarbeitsmodelle. Welche Impulse erwarten Sie dazu aus der aktuellen Arbeit des SIA an einem Merkblatt Allianzverträge?

Der SIA hat frühzeitig erkannt, dass es ein Gebot der Stunde ist, nebst den aktuellen, bekannten Realisierungsmodellen ein weiters Modell zu entwickeln, welches nicht nur versucht die Interessensgegensätze der am Bau Beteiligten in geeigneter Form zu bündeln, sondern welches auf dem Prinzip der Interessensgleichrichtung basiert. Der gemeinsame Projekterfolg steht im Zentrum und soll über eine neue Zusammenarbeitskultur, frei von Schuldzuweisungen, eine gemeinsame Projektsteuerung, eine gemeinsame Risikotragung und eine erfolgsabhängige Vergütung erreicht werden. Mit dem Prinzip der gemeinsamen Risikotragung wird rechtliches Neuland betreten. Es ist deshalb notwendig, dass sich die Baubranche gewisse Leitplanken setzt. Seit Mai 2022 arbeitet eine breit abgestützte Arbeitsgruppe an einem entsprechenden Merkblatt. Es soll konkrete Handlungsempfehlungen für die schweizerische Bauwirtschaft enthalten und damit eine grosse Lücke auf diesem Gebiet schliessen. Dazu soll auch ein Mustervertrag entwickelt werden. Demnächst wird das Merkblatt zur Vernehmlassung veröffentlicht. Parallel dazu fand Ende September in Bern eine nationale Tagung zum Thema Allianzverträge statt, welche von den Partnerverbänden SBV und suisse.ing sowie vom Institut für Baurecht der Universität Freiburg getragen wurde. 
Der SIA hofft ab 2024 ein weiteres, neuartiges Werkzeug für erfolgreiches Bauen interessierten Kreisen zur Verfügung stellen zu können.