27. Apr 2022

Einsatz für frühe Planung von gemeinsamer Baustelleninfrastruktur

Einsatz für frühe Planung von gemeinsamer Baustelleninfrastruktur

Sylvia Fleury nimmt Einsitz in der Plattform Sicherheit und Gesundheit von Bauenschweiz. Ein Schwerpunkt ist die frühe, koordinierte Planung von gemeinsamer Baustelleninfrastruktur. Fleury berichtet über die Erfahrungen des SMGV-Projekts «Teilzeitbau» insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsplatzattraktivität.

Silvia Fleury ist Direktorin des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbands SMGV 

Welchen Stellenwert hat das Thema Teilzeit in der Baubranche, speziell im Maler- und Gipsergewerbe?

Die zunehmende Abwanderung von Fachkräften in unseren Branchen gab 2018 den Anstoss für das Teilzeitförderungsprojekt im Maler- und Gipsergewerbe «Teilzeitbau». Rund 40% der Lernenden im Malergewerbe sind Frauen – und das seit 20 Jahren. Doch fast die Hälfte dieser ausgebildeten Malerinnen kehrte dem Beruf im Alter zwischen 27 bis 36 Jahren den Rücken. Ein Grund für die Abwanderung der Malerinnen waren vor allem fehlende Teilzeitstellen, das zeigte die damals initiierte Umfrage. Auch Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger standen vor mangelnden Angeboten und wechselten in die Gastronomie oder in den Detailhandel, wo das Arbeitsmodell "Teilzeit" bereits seit Jahren eine Selbstverständlichkeit darstellt.

Im Maler- und Gipsergewerbe hingegen gab es bei Projektlancierung Ende 2017 nur gerade 4% Teilzeitstellen. Das war damals rund zehnmal weniger als der gesamtschweizerische Durchschnitt aller Berufe von 40%.
Mit dem gesellschaftlichen Wandel hin zur Teilzeitarbeit interessieren sich auch zunehmend Männer, insbesondere jüngere Arbeitnehmende, für eine Teilzeitstelle. Die jungen Männer wollen als Vater die Erziehung ihrer Kinder mitbestimmen oder sie pflegen ein intensives Hobby, besuchen eine Weiterbildung oder wollen in den Wintermonaten auf Reisen gehen. Gründe, die es ihnen verunmöglicht eine Vollzeitstelle anzutreten. Damit wir als Branchen für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiv bleiben, muss die Teilzeitarbeit aus meiner Sicht zwingend auch in der Baubranche vermehrt angeboten werden. Dank diesem Projekt können wir schon über 500 neu entstandene Teilzeitstellen vermelden.

Welche Massnahmen sieht der Verband für den Fachkräftemangel, insbesondere auch bei Frauen vor, um diesem entgegenzuwirken?

Es gibt einige konkrete Massnahmen, um Fachkräfte in der Branche halten zu können, die wir seitens SMGV umsetzen. Wir fördern mit dem sogenannten Art. 32 die nachträgliche Ausbildung. Das heisst, dass auch ungelernte Arbeitnehmende zu einem späteren Zeitpunkt die Berufslehre nachholen können. Zudem möchten wir die Digitalisierung der Berufe weiter vorantreiben, um damit auch Schüler für die Lehre zum Maler oder Gipser begeistern zu können, denn grundsätzlich verspricht ein Beruf im Bau einen guten Lohn und im Vergleich zu anderen Branchen sehr gute Aufstiegsmöglichkeiten - und das selbstverständlich auch bei Frauen.

Seit der Einführung des Vorruhestandsmodells können zudem ältere Arbeitnehmer mit Perspektive auf vorzeitige Pensionierung um einiges besser in der Branche gehalten werden. Das Modell stösst sowohl bei Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern auf Anklang. Gerade ältere Arbeitnehmer verfügen vielfach über ein enormes Fachwissen, können aber aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen nicht mehr die volle Leistung bringen. Mit der Möglichkeit der vorzeitigen Pension oder eines reduzierten Pensums kann viel Know-how im Betrieb gehalten werden. 

Aus meiner Sicht sind es aber auch die Frauen, mit denen wir in Zukunft den Fachkräftemangel abfedern können. Wenn es uns gelingt, alle in unseren Berufen ausgebildeten Frauen im Beruf halten zu können, dann sind wir auf der Gewinnerseite. Dafür müssen die Bedingungen wie Möglichkeit der Teilzeitarbeit, Perspektive auf die Übernahme eines Betriebes, Forcierung von Wiedereinsteigerkursen etc. intensiviert werden.

Wie wichtig ist es früh, gemeinsame branchenübergreifende Baustelleninstallationen und kollektive Schutzmassnahmen zu planen?

Je besser es uns in der Baubranche gelingt gewerkeübergreifende Baustelleninstallationen zu planen und umzusetzen, umso einfacher können personelle und finanzielle Ressourcen der Unternehmungen, der Architekten, Planern und Bauherren geschont werden. Die Zusammenarbeit führt mit Sicherheit zur angestrebten Arbeitserleichterung und birgt substanzielle wirtschaftliche Vorteile. 

Zur Baustelleninstallation gehört unter anderem auch die nötigen Hygienevorrichtungen. Die Umfrage im Zusammenhang mit dem Teilzeitprojekt hat ergeben, dass für viele Arbeitnehmenden die hygienischen Voraussetzungen bzw. die sanitären Anlagen auf der Baustelle nicht ausreichend sind. Die Corona-Situation hat zudem aufgezeigt, wie wichtig die Hygiene für die ganze Gesellschaft ist. Der in der Corona-Zeit gelebte hygienische Standard auf Baustellen sollte weiter aufrechterhalten werden. Auch wenn die Voraussetzungen grundsätzlich im Arbeitsgesetz definiert sind, so geniessen die sanitären Einrichtungen auf der Baustelle immer noch ein Mauerblümchendasein. Schlussendlich jedoch darf es nicht am einzelnen Unternehmer liegen, sich isoliert um die Installation zu kümmern, sondern diese sollte bereits bei der Ausschreibung als Bestandteil des Arbeitseinsatzes einkalkuliert werden. Hier gehen die Bestrebungen dahingehend, dass auch die Normierungen präzisiert und ergänzt werden sollen, damit die Infrastrukturen auf den Baustellen von Anfang bis zum Schluss branchenübergreifende Sicherheits- und Schutzmassnahmen beinhalten.