05. Jun 2024
Die Bauwirtschaft lehnt die vom Nationalrat vorgeschlagene Erhöhung der Verjährungsfristen für Baumängel auf 10 Jahre klar ab. Diese Änderung könnte zu erheblichen finanziellen Belastungen für Bauunternehmen führen und würde Bestrebungen umweltfreundlich und klimaschonend zu bauen, gefährden.
Die Bauwirtschaft ist gefordert. Energie- und emissionsarmes sowie ressourcenschonendes Bauen und Bewirtschaften wurde in der Schweizer Gesetzgebung verankert. Die Herausforderungen sind Pflichten, aber auch Chancen für eine aktive Mitgestaltung der Lebensqualität der Menschen und den wirtschaftlichen Wohlstand in unserem Land. Genau aus diesem Grund sind verlässliche Rahmenbedingungen, wie im Obligationenrecht (OR) geregelt, wichtig. Dazu gehört auch ein fairer Umgang mit Baumängeln.
Ablehnung der vom Nationalrat vorgeschlagenen Erhöhung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre
Aktuell revidiert das Parlament das OR in Sachen Umgang mit Baumängeln (Geschäft 22.066). Der Ständerat befasst sich am 12. Juni mit der Vorlage. Die Stammgruppe Ausbaugewerbe und Gebäudehülle sowie die ganze Bauwirtschaft
lehnt die Entscheide des Nationalrates ab und unterstützt die vom Bundesrat vorgesehene Verlängerung der Rügefrist auf 60 Tage, ein Nachbesserungsrecht beim Kauf und der Neuerstellung von Wohneigentum sowie die Ersatzsicherheit
bei der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes.
Die vom Nationalrat geforderte generelle Erhöhung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre und gänzliche Aufhebung der Rügefrist ist unverhältnismässig und praxisfremd. Bau- oder Sanierungsvorhaben sind keine Produkte «ab Stange». Es handelt sich um, die Sanierung eines Badezimmers durch einen Wohnungsbesitzer, über komplexe energetische Sanierungen von Bürogebäuden bis zur Instandsetzung von Strassen- und Bahnbrücken. Die technische «Haltbarkeit» für Werke und Bauprodukte ist sehr unterschiedlich und ohne regelmässigen Unterhalt nicht in jedem Fall auf 10 Jahre Gewährleistung machbar. Wo angezeigt und sinnvoll, werden zudem bereits heute längere Verjährungsfristen vereinbart. Dies jedoch immer mit entsprechenden Instandhaltungs- und Wartungsverträgen. Die Regelungen im OR gelten für sämtliche, sehr unterschiedliche Projekte im Hoch- und Tiefbau. Ein Bau- oder Sanierungsvorhaben ist massgeschneidert und kein Standardprodukt. Diesem Umstand muss das OR gerecht werden.
Zudem wähnt sich bei einer jederzeitigen Mängelrüge, wie vom Nationalrat vorgesehen, der Bauherr in einer falschen Sicherheit. Bei Vorliegen eines Mangels kann das Risiko bestehen, dass bei Zuwarten der Bauherrschaft mit einer Mängelrüge mithin ein grösserer Schaden entsteht. Dies würde das Bauvorhaben für die Bauherrschaft unnötig verteuern, da die Bauherrschaft diesen Schaden selbst zu
tragen hat, soweit sie ihn selbst mitverursacht hat. Es ist also auch im Interesse der Bauherrschaft, allfällige Mängel umgehend nach Entdeckung zu rügen.
Es ist im Ausbaugewerbe Usanz, dass Unternehmen bei Vertragsabschluss für ihre Leistungen dem Bauherrn eine Haftungssumme in der Grössenordnung von 5-10 % der Bausumme als Sicherheit während der Verjährungsfrist stellen. Die Unternehmen müssen somit pro Auftrag und über die gesamte Laufzeit eine Bank- oder Versicherungsgarantie / Police abgeben. Auch bei finanziell gut aufgestellten Unternehmen – sowohl KMU als auch Grossunternehmen – kann bei mehreren Aufträgen gleichzeitig die Kreditlimite erreicht sein oder die Höhe deraufsummierten Verpflichtungen aus Gewährleistungs- oder Erfüllungsgarantien das Unternehmen in finanzielle Schieflage bringen. Anbieter, die seit Jahren hohe Qualität liefern, werden vom Wettbewerb ausgeschlossen, vollständig aus dem Markt gedrängt oder entscheiden, ihren Betrieb zu redimensionieren. Mit diesen Entwicklungen packt die Schweizer Bauwirtschaft die oben erwähnten Herausforderungen nicht.
Nationalrätin Diana Gutjahr ist Mitinhaberin und in der Geschäftsleitung der Ernst Fischer AG und setzt sich in ihrer Motion 23.4079 für faire Erfüllungs- und Gewährleistungsgarantien ein. Sie fordert dabei unter anderem, dass der Besteller einer Werkleistung die abstrakte Erfüllungsgarantie beim Garanten nur auslösen kann, wenn er Nachweise vorlegt, dass der Unternehmer die eingeforderte Leistung nicht vertragsgerecht erfüllt hat. Auch dies ist ein wichtiges Element für verlässliche Rahmenbedingungen auf den Projekten.