08. Feb 2022

Schweiz ist idealer Standort für Kreislaufwirtschaft im Bau

Immer mehr Akteure aus verschiedensten Branchen erkennen Kreislaufwirtschaft als eine der möglichen Lösungen, um die Klimakrise zu bewältigen und drohende Ressourcenengpässe zu vermeiden. Wie weit ist die Transition zur Kreislaufwirtschaft in der Schweizer Baubranche?

Die Schweizer Wirtschaft befindet sich mitten in einem Transformationsprozess. Immer mehr Akteure aus Wirtschaft und Politik erkennen Kreislaufwirtschaft als eine praktikable Lösung, um die Klimakrise zu bewältigen und drohende Ressourcenengpässe zu vermeiden. Gemäss der ersten repräsentativen Studie der Berner Fachhochschule über den Stand der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz haben bisher rund 12 Prozent der Unternehmen zirkuläre Geschäftsaktivitäten im Geschäftsmodell verankert. Konkrete Aktivitäten umfassen primär die Reduktion des Materialverbrauchs und der Umweltbelastung im Produktionsprozess. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Schweiz mit ihrer Innovationskraft ein idealer Standort ist, um zirkuläre Massnahmen umzusetzen und sich so Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Die Studie zeigt auch, dass es grosse Branchenunterschiede gibt über den Fortschritt der Transformation. So sind vor allem die Branchen Elektronik, Pharma und Fahrzeuge fortschrittlich was den Innovationsgrad und die unternehmensübergreifende Verbreitung zirkulärer Ansätze angeht.

In der Baubranche haben derweil rund 14 Prozent der Unternehmen zirkuläre Geschäftsaktivitäten umgesetzt. Hürden für die weitere Verbreitung sehen die Autoren der Studie darin, dass die organisatorische Umsetzung komplex ist und sich die Verfügbarkeit von finanziellen Ressourcen und entsprechender Nachfrage besonders im Baubereich stark regional unterscheiden können. Als weitere, wahrgenommene Hürden traten gemäss einer anderen Umfrage unter 105 Akteuren in der Baubranche ein geringes Bewusstsein und Bedenken bezüglich der Rentabilität zu Tage.

Vorteile Kreislaufwirtschaft

Die ökologischen Vorteile zirkulärer Bauten liegen auf der Hand. Die Baubranche ist enorm ressourcenintensiv und ist in der Schweiz für über 80 Prozent aller Abfälle verantwortlich. Rund 50 Prozent der CO2-Emissionen eines durchschnittlichen Gebäudes entstehen in der Konstruktionsphase und durch die darauffolgenden Sanierungen. Diese Materialkosten, Abfälle und Emissionen lassen sich allerdings bereits in der Planungsphase minimieren. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenszyklen der verschiedenen Materialschichten eines Gebäudes spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Rückbaubarkeit entscheidet sich dadurch, ob die verwendeten Materialen kreislauffähig und modular verbaut sind und ob die einzelnen Elemente verschraubt, verklebt oder zusammengesteckt worden sind.

Doch wie hoch ist der Einfluss der Kreislaufwirtschaft in ökonomischer Hinsicht? Immer mehr Unternehmen erhalten erste Einblicke auf Basis realisierter Projekte. Erste Beispiele für die erfolgreiche Zusammenarbeit verschiedenster Akteure entlang der Wertschöpfungskette sind die Halle 118 in Winterthur oder der Umbau der Müllerstrasse 16/20 in Zürich. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit der Frage der Rentabilität. Madeleine Kindermann zeigt in ihrer Masterarbeit, dass eine kreislauffähige Konstruktion die Aufwände reduziert und der Marktwert trotz erhöhter Erstellungskosten (+13%) den Wert eines vergleichbaren, «linear» gebauten Objekts um +9,6% übertrifft. Ausschlaggebend für den positiven Effekt der kreislauffähigen Konstruktion ist eine präzise Ermittlung der künftigen Instandsetzungskosten sowie die Optimierung der Austauschzyklen der Gebäudeschichten. Solche Informationen müssen standardisiert erfasst werden, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Digitale Tools wie Madaster ermöglichen dies durch die Datentransparenz und -analyse von ressourcenrelevanten Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes.

Das Potenzial der Kreislaufwirtschaft im Bau ist gross. Es ist erfreulich, dass die Politik die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz weiter stärken will. Die parlamentarische Initiative 20.433 schlägt konkrete ressourcenschonende Anforderungen für Bauwerke in der Planung, Materialisierung und im Rückbau vor. Die Zeit dafür drängt. Um die Klimaziele einzuhalten, braucht es neben regulatorischen Anreizen vor allem eine Nachfrage für ressourcenschonendes Bauen und für den Einsatz von kreislauffähigen Produkten. Diese Veränderung wird in erster Linie in der strategischen Planung durch den Bauherrn initiiert. So wird der Einsatz von kreislauffähigen Produkten beschleunigt, die etwa mit innovativen Technologien wie der CO2-Bindungsfähigkeit in Beton von Neustark oder den standardisierten Bauprofilen aus gebrauchten Kunststoffen von UHCS Ressourcen schonen können. Last but not least: Kollaborationen und unternehmensübergreifendes Denken ist entscheidend, um die Transition zu einem neuen Wirtschaftssystem in der Baubranche nachhaltig zu realisieren. Der Circular Building Initiative (CBI) Booster von Innosuisse fördert deshalb bestehende zirkuläre Projekte und bringt verschiedenste Akteure aus der Branche zusammen, um Synergien zu nutzen und neue Lösungen zu entwickeln. Am 19. Januar wurden die ersten vier Projekte prämiert (Link). Damit konnte ein erster Impuls im Prozess von der Idee an den Markt gegeben werden.

Autor: Circular Hub

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