05. Jun 2020

Baukonjunktur: Coronakrise schüttelt auch die Bauwirtschaft durch

Schlimmstes abgewendet

Das Schlimmste konnte verhindert werden: Die vereinte Bauwirtschaft setzte sich erfolgreich gegen eine flächendeckende Schliessung der Baustellen während des Lockdowns ein und implementierte die Schutz- und Hygienemassnahmen für Mitarbeitende rasch. Baustellen konnten und können so weiter betrieben werden. Aufträge im Ausbau oder der Rennovation von Gebäuden werden wo immer möglich umgesetzt und Planungsprojekte grossmehrheitlich aus dem Homeoffice vorangetrieben. Ebenfalls, mit entsprechend angepassten Schutzmassnahmen, funktioniert die heimische Produktion von Bauprodukten sowie der Handel weitgehend.

Die Bauwirtschaft zeichnet sich für die Planung, Realisierung, aber auch für den Erhalt und Unterhalt unserer Infrastruktur verantwortlich und ist damit als systemrelevant zu bezeichnen. Der Wirtschaftszweig generiert ausserdem mit gut 65 Milliarden CHF Umsatz jährlich 10% unseres BIP und beschäftigt über 500‘000 Arbeitnehmende. Kaum auszumalen, um wie viel höher der gesamtwirtschaftliche Schaden gewesen wäre, hätte sich eine flächendeckende Schliessung von Baustellen durchgesetzt.

Bauwirtschaft trotzdem unter Druck

Eine erste Analyse zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 zeigt aber, dass die Bauwirtschaft trotzdem unter Druck steht. Unzählige Bau-Unternehmen mussten Kurzarbeit anmelden, Projekte erfuhren Verzögerungen, Lieferketten waren unterbrochen, die Aussichten von den Handelsunternehmen haben sich verschlechtert, die Stimmung am Markt ist vielerorts abrupt eingebrochen.

Projektierungssektor:

Die von usic durchgeführte Covid19-Umfrage zeigt, dass die Planenden von der Corona-Krise betroffen sind. Im April sind rund 70 Prozent der befragten Mitglieder mit Projektstopps und nahezu 90 Prozent mit Projektverzögerungen konfrontiert. 30 Prozent haben Kurzarbeit angemeldet und knapp 12 Prozent Überbrückungskredite. Immerhin jedes sechste usic-Mitglied meldete aber auch Corona-bedingte neue Projekte. Quelle: usic Umfrage I und Umfrage II

https://www.usic.ch/de/Verband/Umfragen/200407_usic_Covid-19_Umfrageergebnisse_de.pdf

https://www.usic.ch/de/Verband/Umfragen/200428_usic_Covid-19_Umfrageergebnisse_II_de.pdf

Auch die Ergebnisse SIA-KOF-Konjunkturumfrage im Projektierungssektor vom April 2020 zeigen eine deutliche Verschlechterung der Lagebeurteilung. Die Reichweite der Auftragsbestände sinkt von 11.3 Monaten im ersten Quartal 2020 auf 9.9 Monate im zweiten Quartal 2020. Die Planungsbüros äussern sich hinsichtlich der Entwicklung der Geschäftslage deutlich pessimistischer als noch im Vorquartal. 51% der Unternehmen erwarten Ende April keine Veränderung für die nächsten sechs Monate, 45% eine Verschlechterung und nur rund 4% eine Verbesserung. Zum Vergleich: Im Februar erwarteten noch 82% der Unternehmen eine gleichbleibende, 5% eine schlechtere und 13% eine bessere Geschäftslag vgl. https://www.sia.ch/de/dienstleistungen/artikelbeitraege/detail/article/konjunktur-und-geschaeftslage-verschlechtert-sich/

Bauhauptgewerbe: Entwicklung abrupt gebremst

Gemäss dem von SBV und CS gemeinsam erhobenen Bauindex Schweiz war das Baujahr 2020 dank der guten Witterung im Januar und Februar noch mit erhöhter Bautätigkeit gestartet. Der Lockdown führte dann aber zu einem markanten Einbruch: In den letzten beiden Märzwochen sorgte er für einen Rückgang von Umsatz (-2%) und Arbeitseingängen (-6%) für das gesamte 1. Quartal 2020. Zusatzerhebungen des SBV zeigen, dass während der Lockdown-Phase im März und April der Umsatz schweizweit um 15% zurückging. In der Romandie belief sich der Rückgang sogar auf 40% und im Tessin kam die Bautätigkeit ganz zum Erliegen. (Grafik: Link Baumeister vgl. http://www.baumeister.ch/de/news/3732-corona-bremst-bauhauptgewerbe )

Ausbau und Gebäudehülle: markanter Stimmungswechsel

Auch die Ergebnisse der KOF-Umfrage aus dem Ausbaugewerbe sprechen eine deutliche Sprache (siehe pdf im Anhang). Die Auftragsbestände sind von durchschnittlich knapp 4.7 auf etwas unter 4 Monate und damit noch einigermassen moderat gesunken. Deutlich schlechter sieht es bei der Geschäftslage und der Nachfrage aus: Die Mehrheit der an der KOF-Umfrage Beteiligten rechnet für die kommenden 6 Monate mit einer schlechteren Geschäftslage. 44% der Unternehmen rechnen mit unveränderter, 45% mit positiver und 11% mit rückläufiger Geschäftslage. Und auch die Nachfrage der nächsten 3 Monate wird mehrheitlich als rückläufig eingeschätzt. Damit hat sich die Einschätzung der Zukunft abrupt verschlechtert, wie der graphischen Darstellung entnommen werden kann.

Die Bauwirtschaft fordert für sich keine Sparprogramme, aber die Zahlen zeigen es: Auch die Bauwirtschaft ist dringend darauf angewiesen, dass die Bautätigkeit so rasch als möglich wieder in den gewohnten Bahnen verläuft. Zentral dabei ist, dass bereits angelaufene Planungen, geplante Ausschreibungen und Wettbewerbe nicht verzögert, sondern weiter vorangetrieben werden. Effizientere Ausschreibungsverfahren im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben auf allen Stufen können ausserdem zur Abfederung zur Beschleunigung beitragen. Deshalb gilt es mehr denn je, die Digitalisierung der Bewilligungsverfahren voranzutreiben und E-Government auch im Bauprozess in der Prioritätenliste weit nach oben zu rücken.

Damit die Wertschöpfung der Bauwirtschaft in den kommenden Jahren erhalten wird und Arbeitsplätze gesichert bleiben.

Grafiken pro Branche/Verband